Kältezentrale für die Bahnstadt eingeweiht
Kältenetz sorgt für Kühlung aus der Leitung. Erstmalig fünf Solar-Fassaden
Die Kältezentrale steht am Europaplatz und ist seit kurzem in Betrieb. Ihr zentraler Bestandteil sind hocheffiziente Kältemaschinen und insgesamt fast 500 m3 umfassende Kältespeicher. Die Anlage versorgt Gebäude in der näheren Umgebung – das Kongresszentrum, das neue Hotel am Hauptbahnhof, Büros sowie ein Laborgebäude des Europaplatzes – ganzjährig mit Kälte. Zweites Highlight sind die multifunktionalen Photovoltaikfassaden: Sie dienen als Dach sowie als Seitenwände und gewinnen dabei Strom aus der Sonne. Die Kältezentrale wurde von den Stadtwerken Heidelberg geplant und errichtet.
Michael Teigeler, Geschäftsführer Stadtwerke Heidelberg Energie: „Die heißen Sommer halten neue Herausforderungen bereit. Die Menschen müssen mit der extremen Hitze zurechtkommen. Kühle Orte in der Stadt und kühle Räume in Gebäuden sind gefragt. Damit ergibt sich eine neue Aufgabe: eine möglichst energieeffiziente und klimafreundliche Klimatisierung für Mensch und Gebäude zu organisieren. Auch viele Laborflächen oder Räume für IT-Infrastrukturen benötigen ganzjährig mindestens eine Grundlastkühlung, ebenso Büro- und Geschäftsräume. Gleichzeitig gibt es nur sehr wenige Kühlmöglichkeiten, die umweltfreundlich und effizient eingesetzt werden können. Kältezentralen sind eine ideale Lösung und ein wichtiger Baustein, um Gebäude auch in Zukunft bei steigenden Temperaturen angenehm temperiert zu halten.“
Kühlung aus der Leitung
Bereits seit einigen Jahren arbeiten die Stadtwerke Heidelberg an der klimafreundlichen Klimatisierung und bieten Kunden „Kühlung aus der Leitung“ an. Auf Basis der jahrzehntelangen Erfahrung mit ihren Fernwärmenetzen haben sie auch in der Heidelberger Bahnstadt rund um den Europaplatz ein Kältenetz errichtet, mit dem sie Kunden mit energieeffizienter Kälte versorgen können. „Das Herz dieser Kälteversorgung ist die Kältezentrale“, so Michael Teigeler.
Eine Kältezentrale, wie die am Europaplatz, erzeugt Kälte in Form von kaltem Wasser. Das auf etwa 4 bis 6°C abgekühlte Wasser wird direkt zu den Gebäuden in der Umgebung transportiert und dort über die 2 - 3 hauseigenen Kühlsysteme verteilt. Auf dem Weg durch die Räume erwärmt sich das Wasser auf nur rund 12°C, wird dann zurück zur Kältezentrale gepumpt und erneut gekühlt. Das Ergebnis: angenehm kühle Räume in den versorgten Gebäuden. Die Kältezentrale hat eine Leistung von 13 MW. Die zentrale Kälteerzeugung spart darüber hinaus insgesamt 1.300 t CO2 gegenüber technischer Einzellösungen in den jeweiligen Gebäuden ein.
Klimafreundliche Kälte: Es wird komprimiert
Errichtet wurde die Kältezentrale in modularer witterungsgeschützter Containerbauweise, um die Planungs- und Errichtungskosten sowie die Bauzeit zu reduzieren.
Zur Kühlung nutzt sie die Methode der Kompression. Effiziente, ölfreie Kompressionskälteanlagen erzeugen – ähnlich wie ein Haushaltskühlschrank – Kälte mithilfe von Strom. Dabei wird ein gasförmiges Kältemittel verdichtet (komprimiert), dann abgekühlt und wieder verflüssigt. Anschließend wird der Druck reduziert und das Kältemittel wird wieder gasförmig und der Kreislauf beginnt von Neuem. Dabei wird dem Wasser Wärmeenergie entzogen und somit abgekühlt.
Um schwankende Kühlanforderungen auszugleichen und eine hohe Versorgungssicherheit zu gewährleisten, kommen ca. 500 m3 große Eisspeicher zum Einsatz. Mit den großen Kältemaschinen wird Eis erzeugt. Die Kälte wird abgegeben, wenn der Bedarf an Kühlung in Gebäuden hoch ist.
Erstmalig fünf Solar-Fassaden
Den Strom für die Anlage inklusive der Eispeicher liefert die Sonne über multifunktionale Solarfassaden. Für die Kältezentrale wurde extra ein Gebäude errichtet, das aus fünf Solarfassaden besteht. Neben dem Dach sind alle Fassaden der vier Himmelsrichtungen mit PV-Modulen bestückt. Ein optisch wie energetischer Gewinn. „Die PV-Module erzeugen Strom und dienen zugleich als Sicht- und Regenschutz. Zudem lassen sie Luft durch, um die Funktion der Rückkühler zu gewährleisten, die das Prozesswasser mit Hilfe der Umgebungsluft abkühlen“, erklärt Carsten Hindenburg von Hindenburg Consulting, der die Stadtwerke Heidelberg Umwelt bei der Planung und dem Bau der Anlage unterstützt hat. Der über die PV-Anlage gewonnene Solarstrom wird zu 100 % vor Ort genutzt. Die maximale gleichzeitige Leistung aller PV-Module beträgt rund 100 kW. Pro Jahr rechnen die Stadtwerke Heidelberg mit einem Solarertrag von rund 165 MWh, das entspricht dem jährlichen Verbrauch von 75 Haushalten in Heidelberg.
Weitere Anlage im Bau
Neben der Kältezentrale am Europaplatz wird aktuell im an die Bahnstadt angrenzenden Heidelberg Innovation Park (HIP) eine weitere große Kältezentrale mit insgesamt rund 12 MW Kälteleistung errichtet. Dort setzen die Stadtwerke Heidelberg auf klimaschonende Kälteerzeugung mit Kälte aus Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung und zwei großen unterirdischen Kältespeichern sowie eine gut 500 kW große Photovoltaikanlage. Die Anlage dort wird das neu erschlossene Gebiet großflächig mit Kälte versorgen.
Ein Video von der Kältezentrale am Europaplatz finden Sie in der Mediathek.
Pressemitteilung der Stadtwerke Heidelberg